Schreib mir, was du tust! Ist es auch gut?

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Mein Lieblingsding #02 steht im Küchenschrank und musste bereits mehrmals vor dem sicheren Mülleimer-Ende bewahrt werden, das ihm K. gern bereiten würde.


Lieblingsding #02:
"Stullenteller"
Meladur (bzw. Melamine) in Holzoptik
ca Anfang der 70er Jahre(?)
EVP 3,15 Mark (steht auf seiner Rückseite!)

Bereits auf Kinderfotos esse ich von diesem Teller. Heute benutze ich ihn so gut wie nie. Das ist aber noch lange kein Grund, eine Entsorgung zu erwägen. Nein!
Ich habe ihn mitgenommen, als ich von zu Hause auszog, und weder diverse Mitbewohner, meine wechselnden Design-Geschmäcker noch der Zahn der Zeit konnten ihm etwas anhaben.
Redlich erworbene Kratzer zieren seine Hartstoff-Oberfläche und betonen Einzigartigkeit und Sentiment. Von einem Hauch Unverwüstlichkeit umweht steht er vor mir und kann Globalisierung, die Überalterung der Gesellschaft und Finanzkrisen ignorieren; in milder Gewissheit, Atomkriege uns alle überleben zu können.
Wurde ich auch für ihn belächelt, bemitleidet oder mit Ossi-Witzen bedacht - er hat mich immer begleitet. Und wird es weiter tun, jawohl!

Und soooo hässlich ist er ja nun wirklich nicht!

Zugegeben, weder Schönheit noch Seltenheit noch Marke sind es, mit denen er beeindrucken könnte. Und es kann als sicher gelten, dass ich ihn mir selbst heutzutage nicht kaufen würde. Hier geht es um etwas ganz anderes.
Und ein wenig auch ums Prinzip.


Lieblingsding #01

Noch werden sommerliche Tage folgen (ich glaube fest daran!), doch die Zahl der Momente mit Herbstgefühl nehmen zu. Schon brauchen die Balkonpflanzen auffallend weniger Wasser, schon dusche ich ausführlicher. Schon ziehe ich den roten wieder dem weißen vor. Abends bin ich überrascht, wie früh es dunkel wird, und immer mal wieder auch davon, wie kühl und kräftig der Wind bläst. Ein langsames aus-dem-Sommer-Gleiten hat begonnen und wird sogar als angenehm empfunden, denn das Nest ist warm -in jeder Hinsicht.

Am Sommer gibt es nix zu meckern - anhand des Sommers '09 könnte man einem Kleinkind diese Jahreszeit erklären. Ich bin gebräunt, aufgetankt und voller Pläne.
Wenn man so herrlich gesommert hat, kann man auch hyggelig herbsteln.

Drachenbaum, Bogenhanf, Ficus, Philodendron und Bromelia werden bei apartment therapy für diejenigen unter uns empfohlen, die ähh, nun ja sich mitunter der fahrlässigen Tötung von Zimmerpflanzen schuldig machen.
Link: 5 Hard-to-Kill Houseplants

Kakteen verzeihen ja auch viel.

Schon immer -und wohl mehr als nach rationalen Maßstäben für gut erachtbar- habe ich Liebe auch für Dinge empfinden können. Solche, die egal wie wertvoll oder -los sie materiell sein mögen, für mich eine Bedeutung haben, die mir deren Verlust in die Nähe einer persönlichen Tragödie rücken liessen.
Dinge, die mir an Tagen, an denen sich alle Welt gegen mich verschworen hat, das Leben lebenswert und ein Lächeln nicht zu schwer erscheinen lassen. Dinge, die sanfte Gefühle in mir auslösen und wärmende Erinnerungen.

So sehr ich Menschen auch immer bewundert habe dafür, sich nicht dem Besitz auszuliefern und ständig mit einem Rucksack voller Überlebens-Notwendigkeiten reise-, gar umzugsbereit zu sein, so sehr habe ich immer gewusst, dass ich nicht so bin und nur unter größten Schwierigkeiten und Zwängen so sein könnte.


Also, vernünftig oder nicht, hier mein Lieblingsding #01:
philips 661 stereo
diverse Materialien
ca. 1980(?)
(einer der original Lautsprecher lugt im Bild ganz oben/hinten hervor)

So ca. 2002 habe ich ihn zwischen den Mülltonnen meiner damaligen Wohnung entdeckt.
Obwohl ich sicher war, dass niemand einen funktionstüchtigen Plattenspieler mit 2 ebenso brauchbaren Lautsprechern wegschmeißen würde, habe ich ihn trotzdem vor dem entwürdigenden Sperrmülltod gerettet nach oben geschleppt, ihn liebevoll geputzt hergerichtet und es auf einen Funktionstest ankommen lassen. Geradezu gerührt stellte ich fest, wie wunderbar alles funktioniert (das tut es noch heute!), sogar der automatische Armaufleger (jahaaa!).
Also MUSSTE ich mit dem Platten sammeln beginnen, um mich immer wieder neu an seinem knisternd-knarzig-warmen Sound erfreuen zu dürfen.

Dieses Gerät darf sich ganz nebenbei Urvater aller (oh ja, aller FÜNF) Plattenspieler dieses Haushalts nennen, denn es bahnte den Weg für eine große Vinyl-Leidenschaft.

Gestern das siebte Jahr mit K. vollendet, an dem so gar nix verflixt oder dramatisch war.
Haben unsere Stadt ein wenig durchwandert (auf den Spuren unseres zweiten Dates),
die uns dafür auch perfektes Wetter bot. Hier ein wenig chillige Musik, da ein tolles Essen
und dort etwas Strandkorbkaffee und überall ganz viel Ostseesommer.



Ich erinnere mich an den Nachmittag, an einen Anruf, ein erstes Date,
ein geschlossenes Café und die damit logisch gewordene Tasse Kaffee auf meinem Balkon.
An Offenheit, an tolle Gespräche, noch tollere Gedanken und an den fehlenden Kuss an der Tür.
Ich erinnere mich an den nächsten Abend, der dann doch nichts mit Kino zu tun hatte,
sondern mit Rotweinrealität auf einem Steg, an den die Ostsee plätscherte,
während ich dich geküsst habe.
Es war warm, es war kalt und die ganze verknallte Nervosität fühlte sich wunderbar sicher an.
Wie im Kino eben.

Erst später gab es dann auch Zweifel, Hürden und die Rucksäcke,
die man mit Mitte 20 schon so mit sich rumschleppt.
Aber diese Zeit musste nicht perfekt sein - es wurde doch Liebe.
Die Art Liebe, die Kraft gibt und Inspiration und Ehrlichkeit.
Und Liebe.

DANKE K.!